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Der TSH-Wert (…..viel diskutiert und häufig doch nicht verstanden.)

Bei den allgemeinen Informationen wurde der Regelkreis vorgestellt. Hier geht es jetzt speziell um den TSH-Wert. Die Infographik zeigt, wie TRH auf die Hypophyse wirkt mit dem Effekt, dass schwallartig TSH freigesetzt wird.

Die Produktion von TSH in der (TSH-produzierenden) Zelle erfolgt kontinuierlich. Das TSH wird dann in kleinen Bläschen (sekretorischen Vesikeln) an der Zellwand deponiert, und bei einem TRH-Impuls öffnen sich die Bläschen und – abhängig von der Intensität des TRH-Impulses – gelangt jetzt schwallartig (impulsartig) eine bestimmte Menge von TSH in das Blut.

Dieser TSH-Impuls findet in der Nacht (kurz nach Mitternacht) statt und, wenn man zu diesem Zeitpunkt das TSH im Blut misst, erhält man bei Schilddrüsengesunden Werte, die 50% - 100% höher sind als die Tageswerte. Es werden auch höhere Werte bei Menschen mit einer versteckten Unterfunktion gemessen. Im weiteren Verlauf der Nacht finden die TSH-Moleküle ihre Rezeptoren, die im Wesentlichen in der Schilddrüse sitzen.

Die Schilddrüse reagiert auf den TSH-Impuls: Es werden Schilddrüsenhormone aus dem Kolloid durch die Zelle durch in das Blut transportiert. Gleichzeitig beginnt die Zelle, neue Schilddrüsenhormone zu synthetisieren.

Diese Vorgänge sind in den Morgenstunden abgeschlossen. Die abgegebenen Schilddrüsen-Hormone (eigentlich nur das T3) entfalten ihre Wirkung (insbesondere im Herzmuskel), der Mensch wird wach und ist jetzt auch leistungsfähig.

Sobald der Mensch wach ist, findet man die verschiedenen Hormone in den angegebenen Referenzwerten im Blut.

Wenn jetzt TSH im Blut gemessen wird, liegt es (meist) in der Nähe von 1,0 mU/l. Wir messen im Blut also nicht, was gewirkt hat, sondern das, was übrig geblieben ist. Auch, wenn es ‚hypersensitiv‘ gemessen wird, die eigentliche Wirkung ist vorbei und Schlussfolgerungen über die Schilddrüsenfunktion aus dem übrig gebliebenen TSH über die Schilddrüsenfunktion zu treffen ist ‚gewagt‘.

 

Ein TSH-Wert von 6,0 mU/l in der Nacht entspricht:  10 hoch 6 = 1 Million TSH-Mess-Einheiten. Wenn nur noch 1,0 mU/l am Tag übrig geblieben sind, dann müssen also rein rechnerisch: 1Million -10 irgendwo anders sein: sie sind nämlich an den Rezeptoren. Dort wirken sie, sie können aber nicht gemessen werden.

Dazu ein Beispiel: Das Zuhause der TSH-Moleküle sei die Hypophyse, von wo sie ja kommen. Vergleichen wir sie jetzt mit Schülern, die ihr Zuhause verlassen und (via Blutbahn) in die Schule (die Schilddrüse) gehen. Um 9 Uhr sind fast alle Kinder in der Schule und auf den Straßen sind nur noch wenige anzutreffen. Können wir aus der Anzahl der Schüler auf den Straßen um 9 Uhr eine Aussage über die Effektivität der Schule treffen? – Wohl kaum. Natürlich sind am Sonntag viel mehr Schüler auf den Straßen zu finden, man wird aber nicht dies als Anlass nehmen, mehr Lehrer einzustellen. – Zugegeben, das Beispiel ist provokant und nur mit Einschränkungen zu verwenden, es zeigt aber die Problematik der TSH-Bewertung gut. Das, was man bei manchen Vorträgen über den TSH-Wert hört, ist m.E. nicht realitätskonform. Diejenigen, die den TRH-Test ‚verteufelt‘ haben, haben Schaden angerichtet.

Damit nicht genug: Wie hCG (β-HCG wird im Schwangerschaftstest nachgewiesen) ist TSH ein Glykoprotein-Hormon. Es hat eine TSHα- und eine TSHβ-Untereinheit. Die α-Untereinheit ist identisch mit der von hCG (humanes Choriogonadotropin), FSH (Follikel stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon). Die β-Untereinheit ist für die TSH-spezifische Wirkung verantwortlich. (Da die β-Untereinheit von hCG ähnlich ist, erklärt sich hierdurch die Stimulation der Schilddrüse bei hohen hCG-Konzentrationen.) Die Peptidketten im TSH sind mehrfach glycosyliert, was zu einer Stabilisierung führt. Bei der Messung von TSH im Labor wird eine Immunreaktivität gemessen, die von der Glycosylierung abhängt. Die Stoffmenge und die biologische Aktivität hängen meistens mit der Glycosylierung zusammen, aber nicht immer. Es gibt Menschen, die im TSH-Molekül einen anderen Glycolysierungsgrad haben, was dazu führt, dass diese Menschen im Labor (aber nicht in der Realität) einen individuell niedrigen oder einen individuell höheren TSH-Wert haben. – Wenn man also nur auf den TSH-Wert sieht, kann man nicht allen Patienten gerecht werden.

…..Und da ist dann noch etwas, was wichtig ist und selten bedacht wird:

Der TSH-Sollwert, den ein Mensch als Gesunder hatte, ist nicht als Zielwert bei seiner Therapie im Falle einer Erkrankung der Schilddrüse geeignet. Unter einer LT4-Therapie bilden sich andere Gleichgewichte im Vergleich zum gesunden Zustand. Und dies muss (!) bei der Therapie berücksichtigt werden. Bei Patienten nach totaler Thyreoidektomie wurden unter hohen LT4-Dosen eine Konversionsschwäche beobachtet, die zu einer Dissoziation von sowohl FT3 und FT4 als auch FT3 und TSH führte. Selbst ein Pat mit völlig supprimiertem TSH kann daher durchaus noch niedrige FT3-Spiegel aufweisen. Ein normales TSH und im Einzelfall sogar supprimiertes TSH bei LT4-Substitution bieten daher also keine Garantie dafür, dass im Gewebe ein normaler T3-Spiegel und damit eine Euthyreose vorliegt.

Es gilt einmal mehr: Behandelt werden soll der Patient und nicht sein TSH-Wert!

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Wie erklärt man denn einen niedrigen TSH-Wert bei Substitution von Schilddrüsenhormonen?

Antwort: Bei einer Substitution von Schilddrüsenhormonen kommt es nach der Resorption im Magen und im oberen Dünndarm zeitlich limitiert zu einem Anstieg von FT4 ('freies' L-Thyroxin) und ggf. auch von FT3 ('freies' Trijodthyronin, dem eigentlich wirksamen Hormon). Der Begriff 'frei' besagt, dass keine Bindung an ein Transportglobulin (die Schilddrüsenhormone werden von sog. Transporteiweißen transportiert) vorliegt. Und es dauert tatsächlich einige Stunden, bis die Transportglobuline die 'freien' Hormone vollständig eingefangen haben und in die Eiweißbindung nehmen. Ca. 99% der Hormone befinden sich in einer Bindung an Transportglobuline. Diese Hormone sind natürlich nicht biologisch wirksam und zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion ungeeignet. - Wenn man also nach der Einnahme von Schilddrüsenhormonen FT4 und FT3 im Serum bestimmt, dann findet man (fälschlicherweise) zu hohe Werte. Aus diesem Grund sollten die Patienten, die mit Schilddrüsenhormonen substituiert werden, am Tag der Untersuchung mit Blutabnahme keine Hormone einnehmen. Genau dieser Vorgang führt aber auch dazu, dass der interne Messfühler der TSH-produzierenden Zellen in der Hypophyse bei einer T3-Substitution irrtümlich glaubt, es befände sich zu viel T3 im System. Er reguliert sich nach unten ..... und schon ist er da, der erniedrigte Wert für TSH. Bei Substitution mit T3 resultiert immer - sofern die Therapie suffizient ist - ein erniedrigter Wert für TSH. Bei Beurteilung der Gesamtsituation muss dies berücksichtigt werden.

 

Fazit: ein erniedrigter TSH-Wert bei T3-Substituion ist 'normal'. Er muss nicht korrigiert werden.

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