
Wirkung der Schilddrüsenhormone – (verständlich erklärt):
Allgemeines:
Die Wirkung der Hormone ist nur bedingt abhängig von deren Menge bzw. Dosis, was Patienten und (erstaunlicherweise) vielen Ärzten nicht geläufig ist. Man geht offenbar davon aus, dass eine größere Menge von Schilddrüsenhormonen auch mehr bewirke. – Wirkung und Menge haben aber bei Hormonen keinen zwingenden Zusammenhang, was sich schon daraus erklärt, dass die Menge der Schilddrüsenhormone so gering ist, dass eine ‚stoffliche‘ Wirkung nicht erwartet werden kann. So kann ein Chemiker den Wirkstoff (z.B. L-Thyroxin) in einer Tablette nicht auf chemischem Weg nachweisen. Bei Konzentrationen von Mikrogram, Nanogramm oder gar Pikogramm existieren keine verlässlichen chemischen Reaktionen. Man ist auf Verstärker und Tricks bei der Messung angewiesen. Für die Messung von FT4 und FT3 (freies und biologisch wirksames L-Thyroxin bzw. Trijodthyronin) werden z.B. sog. Radioimmunoassays eingesetzt: es werden (als Verstärker) Immunreaktionen in Verbindung mit Isotopen von Jod zur Messung verwendet.
Ein Beispiel soll dies besser verständlich machen: Hormone sind Botenstoffe. Sie liefern Informationen (wie früher eine Brieftaube oder heute ein eingeschriebener Brief) die der Empfänger quittieren muss. Die Information von T3 (an eine Herzmuskelzelle) am Morgen könnte so formuliert werden: “Ich bin gesund, der Tag ist da, fang an im Tagesmodus zu arbeiten!“. Bei dieser Anweisung wird klar, dass man die Dosis nicht verdoppeln kann und eine doppelte Wirkung nicht biologisch durchgesetzt werden kann. Die Menge von T3 kann sinnvollerweise nur soweit gesteigert werden, wie empfangsbereite Rezeptoren existent sind. Darüber hinaus ist keine zusätzliche Wirkung möglich.
Ein weiteres Beispiel zum besseren Verständnis: Ein junger Mann sagt zu einer jungen Frau, dass er sie liebe. Die Information: „Ich liebe Dich!“ ist banal und eindrucksvoll. Wenn die junge Frau schon seit mehreren Wochen darauf gewartet hat, dass dieser junge Mann die drei entscheidenden Worte endlich sagt, dann wird sie, wenn diese Information (‚Ich liebe Dich‘) kommt, maximal reagieren. Falls der junge Mann die Dosis verdoppelt und die Worte wiederholt, wird die Wirkung nicht stärker ausfallen können: sie war ja bereits maximal.
Indirekte Wirkung von T3:
Bei der sog. ‚klassischen‘ Wirkung von T3 besetzt dieses Hormon einen Rezeptor neben dem Zellkern und beeinflusst die Arbeitsweise des Zellkerns, der jetzt die Zell-Organellen entsprechend der neuen ‚Dienstanweisung‘ arbeiten lässt. Es dauert eine Zeit, bis eine geänderte Dienstanweisung Effekte zeigt. Dafür ist die Wirkung aber nachhaltig.
Beispiel: Wenn am Morgen die aktiven Schilddrüsenhormone (T3) von der Schilddrüse in die Blutbahn abgegeben werden, dann besetzen sie vor allem die T3-Rezeptoren im Herzen. Die aktivierten T3-Rezeptoren neben dem Zellkern wirken in diesen hinein, und er ändert seine Arbeitsweise: Er steigert die Herzfrequenz und lässt einen Stoff produzieren, der die Kontraktion der Muskelfibrillen vertieft. Die Kontraktionskraft des Herzens nimmt zu, die Entleerung in der Systole ist vollständig. Dadurch steigt auch der systolische Blutdruck. Der diastolische Blutdruck sinkt, was im Wesentlichen dadurch zustande kommt, dass T3 ein eigenständiger ‚Vasodilatator‘ ist: unter Einwirkung von T3 erweitern sich die peripheren Gefäße. Der Gefäßwiderstand sinkt, die Nachlast des Herzens wird geringer. Der mittlere Blutdruck bleibt konstant, er kann auch geringfügig absinken. – Mit dem aktivierten Kreislauf fühlt sich der Mensch fit und leistungsfähig. (Wenn am Morgen nicht genügend T3 zur Verfügung steht, ist das Aufstehen und Wachwerden verzögert und erschwert, diese Menschen fühlen sich am Morgen nicht leistungsfähig.)
Direkte Wirkung von T3:
Über T3-Rezeptoren an der inneren Zellwand und in den Mitochondrien (Sauerstoff wird in den Mitochondrien in chemisch verwertbare Energie umgewandelt, sie können als Kraftwerke der Zellen bezeichnet werden) werden Signalwege beeinflusst, was insbesondere den Zuckerstoffwechsel, die Muskelfunktion und die Wärmeregulation betrifft. Die Beeinflussung der Funktion der Mitochondrien ist schnell und direkt.
Kontrolle der T3 – Wirkung:
T3 entsteht im Regelfall aus T4, indem ein Jodmolekül an definierter Stelle entfernt wird. Die Bereitstellung von T4 und die Aktivität der verschiedenen Dejodasen regulieren Menge und Wirkung von T3 in der Zelle. Hinzu kommt, dass Schilddrüsenhormone nicht diffundieren, sondern aktiv transportiert werden, was ebenfalls regulierend wirkt.
T3 – Hyperthyreose:
Wenn zu viel T3 vorhanden ist, könnten die Kontrollelemente regulierend eingreifen. Wenn aber die Zelle ständig auf Arbeit geschaltet wird und kaum noch Erholungsphasen vorliegen, dann führt das zum Krankheitsbild der Hyperthyreose. Die Zellen verbrauchen ihre Reserven und sind schließlich ‚erschöpft‘, was ihre Funktion in Frage stellt. – Im ‚Tagesmodus‘ hat das Herz eine etwas schnellere Schlagfolge als in der Nacht. Wenn ohne Pause – sobald der T3-Rezeptor frei ist – ein T3-Hormon erneut die Schlagfolge steigert, dann entsteht am Ende eine Tachykardie (Herzrasen).